Bauministerkonferenz

Länder wollen das Schaffen von Wohnraum im Bestand erleichtern und Investitionen in den Neubau fördern

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Gruppenfoto zur 142. Bauministerkonferenz in Baden-Baden. Erste Reihe v.l.: Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg, Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, und Karen Pein, Senatorin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg. Zweite Reihe v.l.: Christian Bernreiter, Staatsminister im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Ministerin für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport des Landes Schleswig-Holstein, Susanna Karawanskij, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft des Freistaats Thüringen, Özlem Ünsal, Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung der Freien Hansestadt Bremen, Dr. Lydia Hüskens, Ministerin für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt, und Felix Edlich, Abteilungsleiter im Ministerium für Finanzen Rheinland-Pfalz. Dritte Reihe v.l.: Christian Pegel, Minister für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern, Christian Gaebler, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen des Landes Berlin, Uwe Schüler, Staatssekretär Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg, Jens Deutschendorf, Staatssekretär für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen des Landes Hessen, Reinhold Jost, Minister für Inneres, Bauen und Sport des Saarlandes, Thomas Schmidt, Staatsminister für Regionalentwicklung Sachsen.

Bauministerkonferenz: Länder wollen das Schaffen von Wohnraum im Bestand erleichtern und Investitionen in den Neubau fördern

Strategiepapier zum Bestand sowie Erklärung zum KTF-Urteil und der Haushaltssperre des Bundes verabschiedet

Die Bauministerkonferenz (BMK) hat sich am Freitag auf ihrer 142. Sitzung in Baden-Baden gemeinsam mit Bundesbauministerin Klara Geywitz und ihrem Staatssekretär Rolf Bösinger mit den aktuellen Problemen beim Wohnungsbau beschäftigt. Ein Schwerpunkt war dabei – neben den Möglichkeiten zur Forcierung des Neubaus – das Schaffen von mehr Wohnraum im Bestand. Die für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Ministerinnen und Minister und Senatorinnen und Senatoren der Länder haben beschlossen, die Regeln in der Musterbauordnung für den Um- und Ausbau bestehender Gebäude zu lockern. Vom Bund wünscht sich die Bauministerkonferenz, dass er ebenfalls Erleichterungen für diesen Bereich auf den Weg bringt.

Gerade auch im Hinblick auf die aktuelle Haushaltssituation des Bundes fordert die Bauministerkonferenz eine klare Priorisierung der sozialen Wohnraumförderung und der Städtebauförderung. Dadurch werden Bauinvestitionen direkt unterstützt und positive Signale für den gesamten Bausektor und den Wohnungsbau in Deutschland gesetzt. Nur so kann der Bau neuer Wohnungen in ausreichender Zahl sowie die Stabilisierung der Bauwirtschaft sichergestellt werden.

Das 14-Punkte-Papier der Bundesregierung zum Wohnungsbau formuliert die erforderlichen Maßnahmen, die gemeinsam von Bund und Ländern umgesetzt werden müssen. Die Länder tragen ihren Teil dazu bei, etwa durch die soziale Wohnraumförderung. Zur Erleichterung und Beschleunigung der Bauprozesse stellt die BMK überdies weitere Weichen zur Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie zur weiteren Unterstützung des Building Information Modellings (BIM). Für die energetische Transformation bittet die BMK den Bund die erforderlichen Quartierlösungen im Gebäudeenergiegesetz GEG umzusetzen und sich bei der EU für entsprechende Regelungen einzusetzen.

Nicole Razavi MdL, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg und Vorsitzende der Bauministerkonferenz, sagte mit Blick auf das Strategiepapier der BMK zum Bestand:

„Es kann nicht sein, dass das Schaffen von Wohnraum auf der grünen Wiese finanziell vorteilhafter ist als Um- und Ausbauten im Bestand. So geht uns immer mehr bereits vorhandener Wohnraum verloren. Wir wollen daher – auch aus ökologischen Gründen – das Schaffen und das Sichern von Wohnraum im Bestand erleichtern. Darüber hinaus haben wir uns natürlich auch mit den finanziellen Turbulenzen auf Bundesebene nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschäftigt. Die verhängte Haushaltssperre erfüllt uns mit großer Sorge. Ich kann nur davor warnen, nun beim Wohnungsbau oder so wertvollen Programmen wie der Städtebauförderung den Rotstift anzusetzen. Der Wohnungsbau steht vor einem gefährlichen Kipppunkt und verträgt keine weiteren Einsparungen.“

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, sagte:

„Es gibt drei wichtige Hebel für mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland. Das ist zum einen die Förderung des Staates, die wir mit 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnraum, Studenten- und Azubi-Wohnen, mit Förderprogrammen für Mehrfamilienhäuser und Einfamilienhäuser mit viel Geld ausstatten. Die anderen Hebel sind die Bauvorschriften und Schnelligkeit durch Vorproduktion und Digitalisierung. Die Grundlagen dafür legen wir als Bund im Baugesetzbuch (BauGB), aber wir brauchen die für Bauen verantwortlichen Länder, um hier Geschwindigkeit reinzubringen. Die heute beschlossene Angleichung der Musterbauordnung ist dafür enorm wichtig. Viele weitere Beschlüsse unterstützen die Vorhaben des Bundes, aber geben uns auch Hinweise, die wir unter anderem bei der Novelle des BauGB aufgreifen werden."

Karen Pein, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg, erklärte:

„Die diesjährige Bauministerkonferenz hat sich den aktuellen Herausforderungen gestellt. Das 14-Punkte-Papier zum Wohnungsneubau sowie der Planungs- und Beschleunigungspakt wird vonseiten der Länder konsequent flankiert. Zusätzlich gibt es weitergehende, wichtige Forderungen an den Bund: Dazu gehören die noch in dieser Legislatur ausstehende Reform des Baugesetzbuches sowie eine Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes zur Einführung eines energetischen Quartiersansatzes und neuer Bilanzierungsmöglichkeiten. Nur so wird die Schlagzahl der energetischen Gebäudesanierung und des Wohnungsneubaus in wirtschaftlicher und sozialer Weise deutlich erhöht.

Ina Scharrenbach MdL, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, sagte:

„Die Immobilienwirtschaft und die Bauwirtschaft sind in der Bundesrepublik Deutschland eine Schlüsselbranche – zur Umsetzung der wohnungspolitischen Ziele der Länder und des Bundes genauso wie zur Sicherung von Wohlstand, Wachstum, Innovation und Beschäftigung. Ich bin froh darüber, dass die Bauministerkonferenz sich heute darauf verständigt, neue Vorschriften und Normen nur noch einzuführen, wenn diese sich insbesondere auf niedrigere Baukosten, das einfache Bauen oder die Reduktion des bürokratischen Aufwandes positiv auswirken.“

Strategiepapier zum Bestand

In diesem Strategiepapier, das im Wortlaut dieser Pressemitteilung beigefügt ist, haben die Bauministerinnen und Bauminister der Länder folgende Punkte beschlossen:

  • Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung zu prüfen, wie der ökologische Bonus des Bestands auch wirtschaftlich wirksam werden kann. Es muss dabei um positive Anreize gehen für die Pflege, die Erhaltung und die Weiterentwicklung bereits bestehender Wohngebäude. Bislang wird in der Gebäudeenergiepolitik nicht genug getan, um die Kostenrisiken eines Sanierens, Ertüchtigens und Erweiterns im Bestand gegenüber dem Neubau hinreichend auszugleichen.
  • Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung, ein einfaches, anwenderfreundliches Werkzeug für Ökobilanzen für Gebäude zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen, das auch die im Bestand gebundene Graue Energie berücksichtigt. Mit einem solchen Werkzeug soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Erstellung von Ökobilanzen bei Baumaßnahmen zu Selbstverständlichkeit und zum zentralen Steuerungsinstrument für die Erfüllung der Klimaschutzziele wird.
  • Für die Sanierung des Gebäudebestands in den Städten bedarf es besonderer Strategien, die auf ganze Quartiere und nicht auf einzelne Gebäude zugeschnitten sind. Erforderlich ist dafür eine vollständige Bilanzierbarkeit der Maßnahmen in einem Quartier unter Einbeziehung der Erzeugung erneuerbarer Energien. Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung, diese Erkenntnisse bei der Setzung von Standards künftig zu berücksichtigen.
  • Um den Um- und Ausbau des Bestands zu erleichtern, sollen auch bauordnungsrechtliche Hemmnisse reduziert werden. Die Bauministerkonferenz hat hierfür auf ihrer Sitzung in Baden-Baden Paragraph 67 der Musterbauordnung entsprechend geändert: So sollen künftig etwa Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen auch dann zugelassen werden, wenn es sich um Vorhaben der Weiternutzung bestehender Gebäude handelt. Den zuständigen Baurechtsbehörden wird damit ein wirkungsvolles Instrument an die Hand gegeben, im Einzelfall Erleichterungen für Baumaßnahmen im Bestand zuzulassen und somit das Bauen im Bestand zu vereinfachen. Die Bundesregierung wird von der Bauministerkonferenz aufgefordert, für die von ihr zu verantwortenden fachrechtlichen Regelungsbereich ebenfalls entsprechende Schritte zu prüfen – und dies auch unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Umsetzbarkeit.
  • Was mögliche Erleichterungen für den Um- und Ausbau des Bestands im Bauplanungsrecht angeht, erinnert die Bauministerkonferenz an von ihr bereits früher formulierte Forderungen an Anregungen. Dabei geht es zum einen darum, dass Gemeinden zugunsten des Schaffens von Wohnraum im Bestand leichter Abweichungen vom Bebauungsplan zulassen können. Zum anderen braucht es zumindest eine Experimentierklausel für die Vorgaben der Technischen Anleitung (TA) Lärm, um insbesondere im Innenstadtbereich, aber auch in Gewerbegebieten mehr Wohnraum zuzulassen.
  • Die Bauministerkonferenz stellt fest, dass mit der Städtebauförderung von Bund und Ländern ein hochwirksames Instrument zur Verfügung steht, um die gebauten Gemeinden und Städte in Deutschland zukunftsgerecht fortzuentwickeln. Dafür braucht es einen langen Atem. Daher fordert die Bauministerkonferenz den Bund auf, die Mittel auf hohem Niveau zu verstetigen und jegliche Zweifel an einer dauerhaft verlässlichen Mittelausstattung zu beseitigen.
  • Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung, weitergehende steuerliche Anreize insbesondere auch für Bestandsmaßnahmen zu entwickeln. Dabei sollten alle Arten von Wohnungseigentümern, auch selbstnutzende Haushalte, einbezogen werden.
  • Die BMK wird sich gemeinsam mit den maßgeblichen Akteuren für mehr Wissen über einfaches und nachhaltiges Umbauen einsetzen und seine Verbreitung fördern. Die BMK regt an, dass auch die Stiftung Baukultur des Bundes sowie die Bundesstiftung Bauakademie sich in diesem Bereich stärker engagiert. Sie bittet auch darum, den Aufbau einer entsprechenden Beratungskompetenz für Planungsträger zu prüfen. Städte und Gemeinden sollten Konzepte für den Erhalt und die Weiterentwicklung ihrer erhaltenswerten Bausubstand erstellen. An vielen Orten, zum Teil von den Ländern gefördert, bestehend Gestaltungsbeiräte, die für Qualität und eine breite öffentliche Akzeptanz sorgen können.

Gemeinsame Erklärung zu den Auswirkungen des KTF-Urteils und zur Haushaltssperre des Bundes:

Die Bauministerkonferenz stellt fest, dass das Bauen von bezahlbaren Wohnungen mit Hilfe der Wohnraumförderung und die Unterstützung der Städte und Gemeinden bei dringenden städtebaulichen Erneuerungen mit der Städtebauförderung zentrale gesamtstaatliche Aufgaben sind.

Die Bauministerkonferenz begrüßt die Zusage des Bundesbauministeriums, dass die Programmausstattung der sozialen Wohnungsbauförderung und der Städtebauförderung für 2023 gesichert werden soll.

Die Bauministerkonferenz fordert die Bundesregierung auf, die Programmausstattung der Wohnraumförderung und der Städtebauförderung in 2024 zumindest in Höhe der Mittel von 2023 fortzusetzen.

Die Bauministerkonferenz sieht das große Interesse aller im Bau- und Wohnungswesen Aktiven an zeitnaher Planungssicherheit und betont das Erfordernis einer Kontinuität der Programmausstattung für 2024 zu gewährleisten. Die Bauministerkonferenz sieht Bund und Länder hier in der gemeinsamen Verantwortung, ihren Willen zu einer Kontinuität der Mittelausstattung des Jahres 2023 in den Landes- und im Bundeshaushalt für 2024 möglichst zeitnah nach außen klar zu kommunizieren.

Belastungsstopp bei Bauvorschriften

Die Bauministerkonferenz hat sich darauf verständigt, einen Belastungsstopp bei Bauvorschriften einzuführen: Die kommenden fünf Jahr soll es weder in der Musterbauordnung noch bei den technischen Bauvorschriften Veränderungen geben, die das Bauen unnötig verteuern und erschweren. Erleichterungen sind hingegen auch in diesem Zeitraum weiterhin möglich.

Neuer DIN-Vertrag ab 1. Januar 2024

Die BMK hat zudem einen neuen Vertrag mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN) geschlossen, der zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Darin werden die Leitlinien für die künftige Erarbeitung von bauaufsichtlichen Normen durch das DIN konkretisiert. Das geschieht insbesondere durch eine Trennung bauaufsichtlicher Mindestanforderungen von weitergehenden Anforderungen in den Normen. Ein Online-Portal wird der Öffentlichkeit den Zugang zu den Normen ermöglicht, die in der Bauleitplanung sowie in der Bauaufsicht zur Anwendung kommen.

Mediathek: Fotos der Bauministerkonferenz

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