Die Stärkung der Baukultur in Baden-Württemberg ist ein Ziel der Landesregierung. Das Land will sich deshalb mit einem breit aufgestellten Netzwerk von Institutionen und Interessierten aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern für die Weiterentwicklung zukunftsfähiger Lebensräume einsetzen und Impulse zur Förderung der Baukultur geben.
Viele der Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, erfordern neue bauliche Lösungen, sei es im Städtebau, im Ingenieurbau oder bei der Landschaftsplanung. So wie sich die Gesellschaften entwickeln, wandelt sich auch die Baukultur. Früher war Baukultur das Arbeitsfeld von einigen wenigen Experten. Die meisten Menschen waren passive Nutzer/innen. Heute wissen wir, dass es den fachübergreifenden Dialog, den kreativen Prozess und daher die Vernetzung der Akteure braucht.
Die Landesregierung will dem Thema Baukultur mit dem aufzubauenden Netzwerk eine geeignete Plattform geben und den Informationsaustausch über Fach- und Ressortgrenzen hinweg anregen. Vom Netzwerk und von anderen Maßnahmen des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen sollen innovative Impulse ausgehen und innovative Leistungen sollen entsprechend gewürdigt werden.
Unser gemeinsames Ziel soll eine zeitgemäße, lebensnahe und zukunftsbezogene Baukultur sein, die sich durch soziale Gerechtigkeit, ökologische Verantwortung, technische Innovation und gestalterische Qualität auszeichnet – für Lebensqualität in den Städten und Gemeinden des Landes.
Eine hohe Qualität unserer Lebensräume bedeutet mehr Lebensqualität. Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensfreude, aber auch Lernerfolg oder kreatives Arbeiten werden durch eine gut gestaltete gebaute Umwelt gefördert. Das gilt für unsere Häuser und Wohnungen genauso wie für Plätze und Parks, Büro- und Gewerbebauten oder Verkehrsbauten. Die gebaute Welt, in der wir leben, ist damit zugleich ein gewichtiger Standortfaktor. Wie wir die Welt von morgen planen und bauen, ist für die künftige Entwicklung der Städten und Gemeinden, der Regionen, des gesamten Landes von großer Bedeutung. Im Europa der Regionen ist die gebaute Umwelt in immer stärkerem Maß Qualitäts- und Identitätsträger. Baukultur ist deshalb ein Thema auch von europäischer Relevanz, über deren Qualität am konkreten regional- und landestypischen Ort entschieden wird.
Baukultur entsteht nicht von selbst. Baukultur lebt man und macht man, z. B. wenn Menschen sich gemeinsam Gedanken über gut gestaltete, funktionale und nachhaltige Lebensräume machen. Dazu gehören diejenigen, die Nutzer/innen sind, genauso wie die Fachleute unterschiedlicher Richtungen: Architekt/innen, Ingenieur/innen, Stadtplaner/innen, Denkmalpfleger/innen, Handwerker/innen, Hersteller von Bauprodukten und viele weitere. Nicht zu vergessen dabei die politischen Entscheidungsträger in den Kommunen und die Auftraggeber/innen von baulichen Gestaltungsmaßnahmen aller Art. Ihr Zusammenwirken prägt die Qualität der gebauten Umwelt. Denn im Gespräch entwickeln sich immer neue Fragen und Antworten, wird vorhandenes Wissen geteilt und werden neue Einsichten entwickelt.
Wie kann es gelingen, unsere Städte und Gemeinden, also die bestehenden Siedlungsstrukturen den aktuellen Anforderungen der Gesellschaft und den technischen und baukünstlerischen Möglichkeiten unserer Zeit entsprechend weiter zu entwickeln und zu gestalten? Gibt es Orientierungshilfen? Entscheidend ist es, die richtigen Fragen zu stellen und eine Langfristperspektive anzulegen. Was bewirkt unser Planen und Bauen in Gesellschaft, Ökologie oder Wirtschaft auf lange Sicht?
Mit der Leipzig Charta der nachhaltigen europäischen Stadt haben die Bauminister in Europa ein Statement für eine zeitgemäße Baukultur gegeben. Nachhaltiges Planen und Bauen entsteht durch das Zusammenspiel zwischen sozialen, ökologischen, technischen und wirtschaftlichen Aspekten und gestalterischem Anspruch. Individuelle Lebensqualität, soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und des Kulturerbes und wirtschaftlicher Erfolg sollen deshalb Leitmarken nachhaltiger Baukultur sein.
Angesichts der vielen Veränderungen, die unsere Zeit prägen, ist unsere Planungs- und Baukultur von großer Bedeutung. Wir haben in der Hand, wie die Lebenswelt unserer Kinder beschaffen sein soll – ob sie lebenswert ist. Darum ist es wichtig, dass wir den Wert unserer gebauten Umwelt für das eigene und das gemeinsame Lebens sehen und im planerischen Handeln und Bauen berücksichtigen. Und es kommt darauf an, bei jedem neuen Projekt und bei jedem Schritt einen entsprechend hohen Qualitätsanspruch anzustreben und möglichst zu verwirklichen. Auf der Qualität unserer Verfahren muss unser Augenmerk insbesondere liegen, denn sie bestimmen die gebaute Qualität.
Mit der Initiative Baukultur und den damit verbundenen Aktionen und Maßnahmen will die Landesregierung gemeinsam mit einem breiten Partnerfeld die Verfahrens- und Kommunikationsqualität fördern und das Bewusstsein für den Wert der gebauten Umwelt stärken. Dies reicht von der Auszeichnung gelungener Praxisbeispiele, über die Förderung von Maßnahmen zur Steigerung der Gestaltungsqualität bis hin zu Fachkonferenzen, die dem Austausch über die Fach- und Ressortgrenzen dienen.