Unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“ nimmt die diesjährige Denkmalreise den hohen Symbolgehalt von Kulturdenkmalen in den Blick.
Am 2. und 3. September 2024 wird die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi MdL, ausgesuchte Kulturdenkmale in den Regierungsbezirken Stuttgart und Karlsruhe besuchen. Am 4. und 5. September übernimmt die Staatssekretärin im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, Andrea Lindlohr MdL, den Staffelstab und begleitet die Denkmalreise in den Regierungsbezirken Freiburg und Tübingen (siehe ausführliches Programm anbei).
„Wahrzeichen sind wichtige Orte der Identifikation“, sagte Ministerin Razavi. „Wenn wir sie erblicken, spüren wir, was Heimat ist. Sie verleihen unseren Gemeinden, Städten und Regionen ihr unverwechselbares Äußeres. Sie zeigen, wer wir sind und was uns inspiriert. Sie stehen auch stellvertretend für technische Errungenschaften, historische Entwicklungen und persönliche Lebensentwürfe. Mit unserer diesjährigen Denkmalreise begeben wir uns auf Spurensuche nach diesen ‚Wahr-Zeichen‘ unserer Geschichte.“
Programm der Denkmalreise
09:30 bis 11:00 Uhr | Jahnstraße 120 70597 Stuttgart
Treffpunkt: Eingang Fernstehturm | Als „Mutter aller Fernsehtürme“ steht der Stuttgarter Fernsehturm für den Beginn des flächendeckenden Fernsehens im 20. Jahrhundert. Er vereint erstmalig einen Stahlbetonschaft mit einem Turmkorb, Aussichtsplattform und Gastronomie. Dieses Konzept in Verbindung mit einer eleganten Gestaltung und innovativen Konstruktion machten den Turm nicht nur zum Wahrzeichen der Stadt Stuttgart, sondern begründeten das weltweite Bild vom Typus „Fernsehturm“, den in der Folge zahlreiche Großstädte als Landmarke adaptierten. Aufgrund seiner herausragenden Stellung als Denkmal wurde der Fernsehturm im Jahr 2023 auf die deutsche Vorschlagsliste („Tentativliste“) für das UNESCO-Welterbe aufgenommen. In den kommenden Jahren wird der Welterbeantrag weiter erarbeitet werden. |
13:00 bis 14:30 Uhr | Heidengraben – Keltisches Oppidum Erkenbrechtsweiler Burrenhof 2 73268 Erkenbrechtsweiler
Treffpunkt: Eingang am Heidengrabenzentrum | Der Heidengraben ist die größte befestigte Siedlung der vorrömischen Eisenzeit auf dem europäischen Festland. Das Oppidum entstand um 130 v. Chr. Die Wurzeln der Besiedlungsgeschichte reichen in der Region aber bis in die Bronzezeit (3300 – 1200 v. Chr.) zurück. Zahlreiche Fundstellen belegen dabei die große Bedeutung der Berghalbinsel schon in der frühen Eisenzeit. Zu ihnen zählt unter anderem das Gräberfeld beim Burrenhof, wo bereits zwischen 1200 und 800 v. Chr. erste Brandbestattungen angelegt wurden. Während der darauffolgenden frühkeltischen Hallstattzeit (800 – 450 v. Chr.) entwickelte sich dann ein aus-gedehntes Grabhügelfeld. Mit Unterstützung der Denkmalpflege entstand im Rahmen der Keltenkonzeption Baden-Württembergs ein Keltenerlebnispfad und das Heidengraben-Informationszentrum der Gemeinden Grabenstetten, Hülben und Erkenbrechtsweiler, das im Juni 2024 eröffnet wurde. |
10:00 bis 11:30 Uhr | 74889 Sinsheim-Hilsbach
Treffpunkt: Parkplatz Hilsbacher See | Der Eichelberg ist einer der markanten Inselberge südlich von Sinsheim, der sich weithin sichtbar als Wahrzeichen über das Umland erstreckt. Er gehört mit seinem 19 Hektar großen Bergplateau zu den wenigen vorgeschichtlichen Höhenbefestigungen in Nordbaden. Bereits im 18. Jahrhundert wurden erstmals römische Baureste auf dem höchsten Punkt des Plateaus entdeckt. Weitere Funde von der Jungsteinzeit bis hin zum Frühmittelalter zeugen von einer langen Besiedlungsgeschichte, die noch viele Fragen aufwerfen. Das Bergplateau ist von drei Seiten durch Steilhänge begrenzt und wird zur flacheren Ostseite hin durch eine noch gut erhaltene Wall-Graben-Anlage aus vorgeschichtlicher Zeit geschützt. |
13:35 bis 15:05 Uhr | Augustinergasse 2 69117 Heidelberg
Treffpunkt: Vor dem Gebäude/Eingangstür | Der Heidelberger Studentenkarzer ist ein Wahrzeichen der Heidelberger Universitätsgeschichte und gehört zu den bedeutendsten Studentengefängnissen überhaupt. Es lockt jährlich rund 40.000 Besucherinnen und Besucher an und beeindruckt durch Inschriften, Bilder und Fotos der hier einst internierten Studierenden. Die Institution führt zurück ins 14. Jahrhundert, die Zeit der Gründung der Universität. Seit 1786 befand er sich in der Augustinergasse im „Colbitzer Wohnhaus“. 1914 wurde der Karzer geschlossen. Die Wandmalereien stammen erst aus den letzten Jahrzehnten der Nutzung. Der hohe Besucherzustrom, aber auch Klimaschwankungen und die Materialeigenschaften der Ausmalungen hatten dem Karzer stark zugesetzt. Die Restauration der Wandmalereien wurde im Juli 2024 abgeschlossen. |
15:50 bis 17:20 Uhr | Goetheplatz 1 68161 Mannheim
Treffpunkt: Baustelleneingang, Drehkreuz an der Ecke Hebelstraße / Mozartstraße | Das Mannheimer Nationaltheater zählt zu den Schlüsselbauten im Theaterbau und ist ein sprechendes Beispiel für die Architektur der ersten Nachkriegsmoderne in Deutschland. Der monumentale Bau der 1950er Jahre wurde mitsamt der Platzanlage nach Plänen des renommierten Frankfurter Architekten Gerhard Weber errichtet und stellt heute ein Wahrzeichen Mannheims dar. Die umgebende Platzgestaltung soll das Theaterhaus bewusst hervorheben. Im Jahr 1996 erfolgte die Eintragung ins Denkmalbuch als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung. Das vergleichsweise junge Kulturdenkmal wird derzeit grundlegend saniert. Die Wiedereröffnung soll im Herbst 2028 erfolgen. |
09:45 bis 11:15 Uhr | Bergstraße 11 78658 Zimmern ob Rottweil (Flözlingen)
Treffpunkt: Bergstraße 11 | Das stattliche Bauernhaus von 1802, der so genannte Storz-Hof, ist mit reicher Ausstattung erhalten. Er vereint bauliche Merkmale des quergeteilten Einhauses mit denen des Schwarzwaldhauses. Das Zierfachwerk weist zudem Bezüge zum Bodenseeraum auf. Das Gebäude ist damit ein Zeichen für kulturellen Austausch sowie sanfte bautypologische Übergänge und Entwicklungslinien. Die historische Substanz, die sich auch auf die wandfeste Ausstattung erstreckt, bleibt weitestgehend erhalten und für zukünftige Generationen als ein anschauliches Zeugnis für die Lebens- und Arbeitswelten des 19. Jahrhunderts bestehen. Das hohe private Engagement des Eigentümers bringt vorbildhaft dessen Verantwortungsbewusstsein zum Erhalt des Hauses zum Ausdruck. |
13:35 bis 15:05 Uhr | „Denkmalpflege zum Auftanken“ – Umnutzung einer Tankstelle zum Wohnhaus Kirchzarten Höllentalstraße 30 79199 Kirchzarten
Treffpunkt: Höllentalstraße 30 | Der selten erhaltene Typenbau einer Tankstelle aus den 1950er Jahren wird zu einem Wohnhaus umgenutzt. So kann er, auch dank des großen Engagements der Eigentümer, als wichtiges Zeitzeugnis der Nachkriegsmoderne erhalten bleiben. Die Tankstelle veranschaulicht, wie sich die Regionen um Freiburg in der Nachkriegszeit durch den aufkommenden Tourismus und Autoverkehr veränderten. Gerade in ländlichen Orten waren Tankstellen manchmal die ersten Gebäude, die das für die Wirtschaftswunderjahre typische Flachdach sowie Materialien wie Beton und Stahlfenster hervorbrachten. Zugleich dokumentiert die Tankstelle, wie sich der Verkehr verändert hat: Die damals günstige Lage an einer Ausfallstraße in den Schwarzwald ist mit dem Bau der großen Umgehungsstraße zur Randlage geworden. |
16:30 bis 18:00 Uhr | Brudertal mit Drexlerhöhle Engen Drexlerhöhle Engen
Treffpunkt: An der Drexlerhöhle Koordinaten: | Im Jahr 2023 gelang im Brudertal im Hegau bei Engen (Lkr. Konstanz) die spektakuläre Entdeckung des originalen Eingangs zur Drexlerhöhle und eines Teils des weiteren Verlaufs des Höhlensystems. Die unberührte Fundstelle bietet ein einzigartiges Datenarchiv zur Lebenswelt der mobilen Jäger und Sammler der späten Eiszeit. |
09:55 bis 11:25 Uhr | Münsterplatz 1 89073 Ulm
Treffpunkt: Münsterplatz 1, | Das Ulmer Münster zählt zu den herausragenden Kulturdenkmalen des Landes und ist Teil des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO. Mit seinem 161,5 Meter hohen Kirchturm ist das Münster das stadtbildprägende Wahrzeichen von Ulm und steht für ein seit dem 19. Jahrhundert bestehendes bürgerschaftliches Engagement zur Bewahrung der gotischen Großkirche. Die Größe und der überaus hohe kunsthistorische Stellenwert des Objekts sowie die Vielfalt und Komplexität der Aufgaben stellen eine Daueraufgabe für die Münsterbauhütte und die Landesdenkmalpflege dar. Neben den laufenden Arbeiten am Hauptturm werden mehrere Projekte umgesetzt, u.a. die Sicherung der sich lösenden Raumschale im Kirchenraum, ein schrittweiser Austausch der Fenster der Nachkriegszeit im nördlichen Seitenschiff und die Herstellung der Verkehrssicherheit und die Reparatur von Steinstufen in den Treppenhaustürmen des Hauptturms. |
13:45 bis 15:15 Uhr | Hallstattzeitliche Befestigungsanlage von Althayingen Ringwallweg/ 72534 Hayingen
Treffpunkt: Bildstock am Ringwallweg | Mit mindestens 7,3 Hektar Größe stellt Althayingen eine der beeindruckendsten Höhenbefestigungen im Regierungsbezirk Tübingen aus der Hallstattzeit dar. Die Anlage aus der früh-keltischen Zeit des 6./5. Jahrhunderts v. Chr. bestand zur Blütezeit des Machtzentrums an der Heuneburg. Ab 2020 fanden erstmals systematische Forschungen im Rahmen des Heuneburg-Langfristvorhabens statt. Seit 2021 folgen jährliche Lehrgrabungen. Neben hallstattzeitlichen Siedlungsnachweisen konnte im Bereich der südwestlichen Randbefestigung die Existenz einer Trockenmauer fest-gestellt werden, die in ihrer Konstruktionsweise mit ältereisenzeitlichen Mauern auf der „Alte Burg“ und der „Große Heuneburg“ vergleichbar ist. Die aktuellen Grabungen finden im Nordwesten des Hochplateaus statt. Hier wird der vermutete Torbereich der Anlage untersucht. |
16:35 bis 18:05 Uhr | Hilfskrankenhaus Rottenburg am Neckar Mechthildstraße 26 72108 Rottenburg am Neckar
Treffpunkt: Schulhof des Eugen-Bolz-Gymnasiums; Zugang zum Bunker über die Römerzeitliche Badeanlage | Das als unterirdischer Vollausbau verwirklichte Hilfskrankenhaus Rottenburg ist einer der frühesten Erprobungsbauten in der Bundesrepublik während des Kalten Krieges. Eindrücklich bezeugt es die finanziellen und logistischen Anstrengungen der frühen 1960er Jahre für ein strahlengeschütztes Bunker-krankenhaus, das – wie von den Zeitgenossen erhofft – schließlich niemals tatsächlich in Betrieb genommen wurde. Das Bauwerk und seine technische Ausstattung veranschaulichen zudem exemplarisch Form und Funktionsweise einer solchen Anlage. Das Hilfskrankenhaus Rottenburg besitzt nicht nur baugeschichtlichen und bautypologischen Quellenwert, sondern dokumentiert auch die noch von realen Kriegserfahrungen geprägten Strategien zum Bevölkerungsschutz. |
Monumentale Fernsehtürme und ikonische Tankstellen
Mit der jährlichen Denkmalreise stellt das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen als oberste Denkmalschutzbehörde des Landes die vielfältige Kulturlandschaft Baden-Württembergs mit ihren zahlreichen Denkmalen ins Rampenlicht. Die Denkmalreise 2024 richtet den Blick auf jene Kulturdenkmale, die wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften als Wahrzeichen eine Gemeinde, Region oder ein historisches Ereignis repräsentieren. Sie stiften Gemeinschaft, bieten als Landmarken Orientierung und dienen als Zeitzeugen den Wissenschaften als Wissenspool. Im Fokus stehen dabei nicht nur monumentale Bauten wie das Ulmer Münster oder der Stuttgarter Fernsehturm, sondern auch symbolträchtige Denkmale wie eine Tankstelle der 1950er Jahre oder ein Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert – allesamt ikonische Stellvertreter und wichtige Bezugspunkte für das örtliche, regionale und historische Gedächtnis.
„Wahrzeichen verbinden uns über Generationen hinweg. Sie sind lebendige Zeitzeugen, die uns daran erinnern, wer wir sind und woher wir kommen. Gerade in Zeiten des Wandels bieten sie Orientierung. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, diese einzigartigen Kulturdenkmale zu bewahren und ihre Bedeutung für kommende Generationen erlebbar zu machen“, sagte Staatssekretärin Lindlohr.
Nacht und Tag des offenen Denkmals
Als Höhepunkt der Denkmalwoche findet am Sonntag, 8. September, der bundesweite Tag des offenen Denkmals 2024 mit vielen Aktionen im ganzen Land statt. Er steht in diesem Jahr unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“.
Die landesweite Eröffnung des Tags des offenen Denkmals findet am Vorabend statt - mit der Nacht des offenen Denkmals in Schwäbisch Gmünd. Ministerin Nicole Razavi MdL, der Landrat des Ostalbkreises, Dr. Joachim Bläse, der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, und der Präsident des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD), Prof. Dr. Claus Wolf, werden die Nacht des offenen Denkmals am Samstag, 7. September, ab 17 Uhr in der Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd eröffnen.
Hinweis an die Redaktionen:
Das Programm der Denkmalreise ist presseöffentlich. Vor Ort stehen Ministerin Razavi oder Staatssekretärin Lindlohr sowie weitere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner der Landesdenkmalpflege für Fragen zur Verfügung. Aus organisatorischen Gründen werden Medienvertreterinnen und -vertreter gebeten, sich für die einzelnen Programmpunkte unter pressestelle@mlw.bwl.de anzumelden.