Baden-Württemberg streicht zahlreiche baurechtliche Vorschriften zum Betreiben von Campingplätzen und erleichtert das Errichten von Wohnmobil-Stellplätzen ohne Infrastruktur. Dies gab die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi MdL, in Stuttgart bekannt.
„Wir machen weniger Vorgaben und erlauben dadurch mehr Vielfalt. Das ist Bürokratie-Abbau im besten Sinne“, sagte sie. Von den Erleichterungen profitierten sowohl die Nutzer von Wohnmobilen als auch die Betreiber von Campingplätzen und auch jene, die einzelne Wohnmobil-Stellplätze bereitstellen, so die Ministerin weiter.
Die bislang geltende Campingplatz-Verordnung des Landes stammt aus dem Jahr 1984. „Es war höchste Zeit, sie zu entrümpeln“, so Razavi. Die neue Campingplatz-Verordnung, die am Tag nach der Verkündung im Gesetzblatt für Baden-Württemberg am 1. Juli in Kraft treten wird, konzentriert sich auf notwendige sicherheitsrelevante Vorgaben. Andere Vorschriften – wie etwa Mindestmaße für Standplätze oder Mindestvorgaben zur Anzahl und Ausstattung von Sanitäreinrichtungen – werden gestrichen. Auch für Stellplätze ohne Infrastruktur für Wohnmobile werden die Vorgaben gelockert.
„Mit diesen Erleichterungen tragen wir nicht nur zur Entbürokratisierung bei, sondern berücksichtigen auch die Veränderungen im Camping-Verhalten“, so Razavi. Früher sei man hauptsächlich mit Kleinbussen und Zelten auf Campingplätze gegangen, so die Ministerin. Heutzutage gebe es immer mehr autarke Campingfahrzeuge, die ihre Nasszelle an Bord haben und daher zum Beispiel auf Stellplätzen außerhalb von Campingplätzen nicht mehr zwingend eine Infrastruktur brauchen.
Nach Ansicht von Patrick Rapp MdL, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und dort für den Bereich Tourismus zuständig, stärkt die Verschlankung der Campingplatz-Verordnung auch den Tourismus im Land. „Weniger Vorschriften machen Baden-Württemberg auch für Camper attraktiver und erleichtern es den Campingplatz-Betreibern und den Kommunen, das passende Angebot für ihre Kunden und Besucher zu schaffen“, sagte er.
Die Veränderungen im Einzelnen
Gestrichen werden unter anderem folgende Anforderungen für Campingplätze:
- Mindestmaße für Standplätze, die für unterschiedliche Klientel (z.B. Wanderer, Radtouristen, Motorradfahrer) künftig auch relativ klein ausfallen können
- Mindestvorgaben zu Anzahl und Ausstattung bei Sanitäreinrichtungen (Toiletten, Wasserstellen, Spülbecken, Wäschespülbecken/Waschmaschinen), von denen je nach Konzept und Ausrichtung der Campingplätze von der Kundschaft unterschiedliche Qualitäten erwartet werden
- Die Forderung nach Beleuchtung, die bei abgelegenen Situationen unverhältnismäßig und zum Beispiel auf Naturcampingplätzen abträglich für das Erlebnis sein kann
- Die Pflicht zum Bereithalten von Feuerlöschern, die bei fragwürdigem Nutzen für das Löschen von Kleinstbränden und der Gefahr der Eigengefährdung der Löschenden bei größeren Bränden angesichts des hohen Aufwands durch Vandalismus, Diebstahl und Wartung, unverhältnismäßig teuer sind. Der Brandschutz bleibt gleichwohl hinreichend gewährleistet. Die Zufahrtswege für die Feuerwehr, die bei größeren Bränden ohnehin zum Einsatz kommen muss, müssen weiterhin freigehalten werden.
Niederschwellige Angebote fördern
Wohnmobil-Stellplätze ohne Infrastruktur werden zudem aus dem Geltungsbereich der Verordnung herausgenommen – zur Förderung dezentraler niedrigschwelliger Angebote. Damit werden auch alternative touristische Angebote unterstützt, zum Beispiel Direktvermarktung im ländlichen Raum. Nach der alten Campingplatz-Verordnung gelten solche Plätze bislang ab vier Stellplätzen als Campingplatz und brauchen Sanitäranlagen und eine breitere Zufahrt. Künftig ist eine Anlage, die ausschließlich für Wohnmobile und Wohnwagen bestimmt ist, erst ab sechs Stellplätzen ein Campingplatz. Sofern auf öffentlichen oder allgemein zugänglichen Parkplätzen nur bis zu zehn Wohnmobile bzw. Wohnwägen ohne besondere Infrastruktur zum Übernachten aufgestellt werden sollen, würde es sich ebenfalls nicht um einen Campingplatz handeln. Und schon bisher und auch zukünftig können Wohnmobile zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit der Nutzenden für eine Übernachtung auf allgemein zugänglichen öffentlichen Parkplätzen aufgestellt werden, sofern dies nicht ausdrücklich untersagt wird.
Regelung zu Wochenendplätzen
Klarstellend wird zudem eine Regelung zu Wochenendplätzen aufgenommen. Dies ist in der Praxis eine häufige Fragestellung, die regelmäßig auch bauplanungsrechtlichen Handlungsbedarf auslöst, weil der Betrieb eines Campingplatzes alleine keine planungsrechtliche Genehmigungsgrundlage für Wochenendhäuser darstellt. In den meisten Fällen wird die Kommune einen Bebauungsplan aufstellen müssen, um solche Angebote ermöglichen zu können. Solche Angebote sind wünschenswert für Dauercamper oder auch für Urlauber, die mit leichtem Gepäck reisen wollen und trotzdem campen wollen; insofern fördern sie auch das Reisen mit dem Rad oder mit der Bahn. In der neuen Verordnung heißt es dazu wörtlich:
- Wohnwagen im Sinne dieser Verordnung sind Wohnmobile und Wohnanhänger, die jederzeit ortsveränderlich sind.
- Standplätze sind Flächen, die auf einem Campingplatz zum Aufstellen eines Wohnwagens oder Zeltes und des zugehörigen Kraftfahrzeugs bestimmt sind.