Menschen halten sich die meiste Zeit in geschlossenen Räumen auf. Für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit ist eine saubere, schadstoffarme Innenraumluft Voraussetzung. Deshalb ist es bei Neubauten wichtig, emissionsarme Bauprodukte auszuwählen. Aber trotz aller Sorgfalt bei der Auswahl der Bauprodukte kann man die zukünftige Raumluftqualität nicht zuverlässig abschätzen.
Deshalb sind Messungen der Luftqualität in den neu erstellten Gebäuden erforderlich. Der Fokus für die Messungen liegt dabei auf Formaldehyd und den sogenannten VOC, das sind flüchtige organische Stoffe (volatile organic Compounds). Sie sind in zahlreichen Materialien enthalten und können leicht in die Raumluft gelangen.
Im Rahmen des N!BBW-Programms werden im Kriterium NAKR 09 „Gesundheits- und umweltverträgliche Baustoffe“ für verschiedene Produktkategorien Anforderungen definiert, die erfüllt werden sollen. Mit der Einhaltung dieser Anforderungen sollte ein erfolgreiches Messergebnis zur Innenraumluftqualität möglich sein.
Die Auswahl der Räume, in denen die Raumluft gemessen wird, sollte repräsentativ sein. Sind alle Räume gleich, reichen bei kleineren Gebäuden zwei Messungen, bei größeren mit mehr als 100 Räumen drei Messungen.
Wenn sich die Räume in der Ausstattung unterscheiden muss in kleinen Gebäuden für jeden Ausstattungstyp eine Messung durchgeführt werden, jedoch nur, wenn der Ausstattungstyp mehr als 10 Prozent der Räume umfasst. Beispiel: In einer kleineren Schule sind acht Klassenzimmer mit Vinylboden ausgelegt, die vier Räume für Sekretariat und Lehrerzimmer hingegen mit Teppichboden. Somit wird in einem der Klassenzimmer eine Messung durchgeführt und eine weitere in einem der Büroräume.
Erfahrungsgemäß empfiehlt es sich in großen Gebäuden mit mehr als 100 Räumen pro Ausstattungstyp zwei Messungen durchzuführen. Ebenfalls nur, wenn der Ausstattungstyp mehr als 10 Prozent der Räume umfasst.
Es ist ratsam, möglichst früh zu entscheiden, in welchen Räumen gemessen werden soll, damit der Bauablauf auf diesen Termin gut abgestimmt werden kann, also beispielsweise Beschichtungsarbeiten oder Malerarbeiten frühzeitig vor der Messung abgeschlossen werden. Die Ausstattungstypen müssen dabei berücksichtigt werden.
Bei gleichartigen Räumen können auch unterschiedliche Raumgrößen oder die Lage im Gebäude (Nordseite, Südseite) ein Kriterium für die Auswahl sein. Südwände heizen sich beispielsweise schneller auf. Beschichtungen oder Ähnliches emittieren auf warmen Wänden in der Regel mehr.
Da nur die Qualität des Gebäudes mit seinen Bauprodukten geprüft werden soll und nicht etwa die der Möblierung, muss das Gebäude beziehungsweise der Gebäudebereich in dem gemessen werden soll, fertig gestellt sein, jedoch noch nicht möbliert oder gar bezogen. Auch in den benachbarten Gebäudebereichen sollten keine Verlege-, Streich- oder Trennarbeiten mehr stattfinden. Solche Arbeiten könnten die Messeergebnisse negativ beeinflussen. Auch im Außenbereich sollten keine Arbeiten, die zu Emissionen führen können, mehr durchgeführt werden.
Idealerweise wartet man nach der Fertigstellung zwei bis drei Wochen ab, bevor man die Messungen durchführt, um Emissionen etwas abklingen zu lassen. In dieser Zeit ist reichliches Lüften zu empfehlen. Sowohl das N!BBW-Programm als auch die gängigen Zertifizierungssysteme zum nachhaltigen Bauen verlangen jedoch spätestens vier Wochen nach der Fertigstellung die Durchführung der Messungen. Idealerweise plant man diese nicht auf den allerletzten „Drücker“.
Bei größeren Gebäuden wird es kaum möglich sein, das gesamte Gebäude unter Einhaltung des 4-Wochen-Zeitfensters fertigzustellen. Fertigstellung kann also heißen: ein Stockwerk, ein Flügel, ein Bauabschnitt, ein Bereich, um die Messpunkte herum. Das ist nicht genau regelbar, betrifft auf jeden Fall aber die Räume, in denen gemessen wird.
Dort müssen alle Arbeiten erledigt sein: kein Lichtschalter mehr zu montieren, an den Abhangdecken nichts mehr zum rumbasteln, kein Maler mehr, der hier noch was ausbessern muss, Leuchten sind montiert, Kabel verlegt, alles abgenommen oder abnahmebereit – wirklich alles. Fest eingebautes Mobiliar, wie Einbauschränke, Schultafeln, Labortische oder ähnliches gehören auch dazu. Nicht fest montierte Möbel dürfen noch nicht drin sein. Dann ist der Raum bereit für die Messung.
Die zu messenden Räume müssen nach der Fertigstellung gereinigt werden. Auf Reinigungsmittel sollte dabei weitgehend verzichtet werden. Besonders wichtig ist das Absaugen der Stäube von den Oberflächen. Zu empfehlen sind Sauger der Klasse M, notfalls auch der Klasse L.
Bis zur Messung sollten die Räume regelmäßig gelüftet werden. Damit die Räume nicht unbefugt betreten werden, ist es ratsam, die Räume zu kennzeichnen und abzuschließen.
Am Tag vor der Messung werden die Räume noch einmal kräftig gelüftet und anschließend verschlossen. Mindestens acht Stunden vor der Messung bis zum Ende der Messung müssen die Räume verschlossen bleiben (Fenster, Türen, Durchgänge). Die Fenster dürfen nicht gekippt sein. Die Raumtemperaturen sind auf den vorgesehenen Komfortbereich einzustellen.
Wenn es eine künstliche Lüftung gibt, ist die RLT-Anlage mindestens 3 Stunden vor der Messung in Betrieb zu nehmen. Es sollen normale Betriebsbedingungen herrschen (Luftdurchsatz, Temperatur).
Die Reinigungen, Lüftungen und der Betrieb der Klimaanlage sollten protokolliert werden.
Die Innenraumluftmessung darf nur von einer nach EN ISO/IEC 17025 für das Sachgebiet Innenraumluftmessungen akkreditierten Messstelle durchgeführt werden. Als Messverfahren sind die DIN EN ISO 16000 Blatt 5 und 6 (VOC) und DIN ISO 16000-3 (Formaldehyd) anzuwenden. Für eine Messung werden vor Ort in der Regel 30 bis 60 Minuten benötigt.
Die Qualität der Raumluft zu bewerten steht vor dem Problem, dass ein sich über die Zeit änderndes Gemisch aus vielen Einzelsubstanzen beurteilt werden muss. Zu vielen dieser Einzelsubstanzen liegen kaum Informationen über ihre Verträglichkeit vor. Mögliche Synergismen sind kaum abschätzbar.
Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung mittels des sogenannten TVOC-Konzepts (TVOC = total volatile organic compounds) hilfreich, bei dem die Summe aller VOC bewertet wird. Hier knüpft das Planungswerkzeug N!BBW an, welches als Anforderung für den TVOC-Gehalt der Raumluft maximal 1000 µg/m³ (Version 2021) vorsieht. Für Formaldehyd sind im NAKR 10 maximal 60 µg/m³ (Version 2021) vorgesehen.
Glücklicherweise werden diese Werte nur selten erreicht. Bei sorgfältiger Planung und Beaufsichtigung der Baustelle liegen beim Neubau typische TVOC-Werte meist unter 1.000 µg/m³ und bei Formaldehyd unter 60 µg/m³. Erfahrungsgemäß klingen die Werte im Laufe der Zeit weiter ab.
Will man, insbesondere bei Befunden mit höheren Raumluftkonzentrationen, sicher sein, ob die Werte auch tatsächlich abklingen, empfiehlt es sich, nach einem halben Jahr Wiederholungsmessungen durchzuführen. Bei Befunden mit hohen VOC-Raumluftkonzentrationen kann es weiterhin empfehlenswert sein, ergänzende Messungen mit einem erweiterten Parameterumfang durchzuführen, um sicherzustellen, dass nicht einzelne Substanzen, die bei der Summenbetrachtung nicht auffallen, in nicht akzeptabler Konzentration vorliegen. Diese Messungen werden vom Nachhaltigkeitsprogramm N!BBW zwar nicht gefordert, können aber insbesondere bei Gebäuden mit entsprechender Nutzung ratsam sein.
- Kontrollieren Sie die Baustelle regelmäßig und überprüfen Sie, ob die eingesetzten Materialien auch wirklich den Vorgaben entsprechen. Besonders wenn der Fertigstellungstermin naht und es eilt, greifen manche Handwerker gerne auf „altbewährte“, jedoch leider ungeeignete Materialien zurück.
- Rauchen im Gebäude sollte generell nicht gestattet sein.
- Überprüfen Sie vor der Messung, ob wirklich alles fertiggestellt wurde und keine Nacharbeiten erforderlich sind.
- Stellen Sie sicher, dass in den letzten Tagen vor der Messung keine emittierenden Arbeiten wie zum Beispiel Beschichtungen, Verkleben von Bodenbelägen oder Malerarbeiten durchgeführt werden.
- Vermeiden Sie Anpassungen mit Trennarbeiten. Trennarbeiten nach Möglichkeit außerhalb des Gebäudes ausführen. Bei allseitig beschichteten Baumaterialen, wie zum Beispiel bestimmte Bauplatten, dürfen die Kanten nicht durch Trennarbeiten freigelegt werden.
- Vermeiden Sie währen der Bauarbeiten Staubbildung und verwenden Sie staubarme Arbeitsverfahren. Staub sollte immer sofort abgesaugt werden. Reinigen sollte prinzipiell nur durch Absaugen erfolgen. Kehren ist eine völlig ungeeignete Reinigungsmethode.
- Wenn eine Lüftungsanlage vorhanden ist, stellen Sie sicher, dass diese vor und zur Messung wie gefordert betrieben werden kann.