Baurecht

„Die Landesbauordnung wird eine echte ‚Umbau‘-Ordnung.“

Anlässlich der ersten Lesung des Gesetzentwurfs für das schnellere Bauen hat Ministerin Nicole Razavi MdL die wichtigsten Änderungen der Landesbauordnung (LBO) vorgestellt.

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Ministerin Nicole Razavi MdL

In ihrer Rede im Landtag sagte Ministerin Nicole Razavi MdL (es gilt das gesprochene Wort):

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Bauen und Wohnen sind zentrale Themen unserer Zeit. Sie berühren die Lebenspläne der Menschen, die Zukunft unserer Städte und Gemeinden sowie die Stärke unserer Wirtschaft.

Mit einer modernen und schlanken Landesbauordnung werden wir dafür die richtigen Rahmenbedingungen setzen!

Ich freue mich, Ihnen heute unseren Gesetzentwurf für eine weitreichende Reform der Landesbauordnung vorzustellen. Mit dieser Reform werden Bauen und Sanieren in Baden-Württemberg schneller, einfacher und günstiger!

Diese Reform ist keine Schönheitsreparatur. Sie ist eine Grundsanierung. Sie betrifft nicht das Kleingedruckte, sondern geht ans Eingemachte. Sie markiert einen Paradigmenwechsel: Wir fragen nicht mehr zuerst: Was könnte alles gegen ein Bauvorhaben sprechen? Wir fragen lieber: Wie können wir den Weg freimachen?

Wir stellen mit dieser Reform alle Hebel auf Ermöglichen!

Das heißt aber auch: Raus aus der Komfortzone! Denn ohne Bereitschaft zu Neuem, ohne Kraft zur Innovation und zu Eigenverantwortung und ohne Mut zu mehr Freiheit werden wir beim Bauen nichts zum Besseren verändern. Deshalb trägt der Gesetzentwurf eine klare Handschrift: Verfahren vereinfachen, Regelungen entschlacken, Baustandards senken!

„Wer bauen will, muss schnell zu seinem Baurecht kommen“

Sie alle kennen die schwierige Lage, in der die Bauwirtschaft und die Bauwilligen stecken. Bauen rechnet sich aktuell kaum noch. Gerade auch die deutlich zu langen Genehmigungsverfahren sind unnötige Kostentreiber.

Wir wollen deshalb die Verfahren straffen, vereinfachen und klar strukturieren. Mein Ziel: Wer bauen will, muss schnell zu seinem Baurecht kommen und darf nicht monatelang im Verfahren hängen!

Eine neue Kultur der Baurechtsverwaltung

Die Reform für schnelleres Bauen ist die bedeutendste LBO-Änderung in dieser Legislaturperiode. Wir haben die LBO ja schon dreimal geändert: Wir haben Erleichterungen für Aufstockungen geschaffen, den Mobilfunkausbau verbessert und die LBO fit gemacht für den digitalen Bauantrag, also für das „Virtuelle Bauamt“.

Mit dieser Reform gehen wir jetzt noch deutlich weiter: Sie bringt grundlegende Änderungen im Bauordnungsrecht und wird eine neue Kultur in der Baurechtsverwaltung schaffen.

Verfahren beschleunigen und optimieren

Zunächst machen wir das Baugenehmigungsverfahren schneller und besser: Wir werden das vereinfachte Verfahren deutlich ausweiten. Für viele Bauvorhaben bedeutet das: Weniger Prüfaufwand, kürzere Fristen und eine schnellere Baugenehmigung. Zeitlich spart das vereinfachte Verfahren mindestens einen Monat im Vergleich zum Vollverfahren ein. Es beschränkt die Prüfung aufs Wesentliche, wie etwa die Abstandsflächen oder das Bauplanungsrecht. Und es entlastet die Behörden von Routinegeschäft.

Flankiert wird das vereinfachte Verfahren durch die neue Genehmigungsfiktion für alles außer Sonderbauten. Das bedeutet: Bei Entscheidungsreife wird das Verfahren nach drei Monaten beendet sein. Sobald also ein Antrag vollständig vorliegt, läuft die Uhr. Spätestens nach drei Monaten ab Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen gilt das Projekt als genehmigt. Was nicht ausdrücklich gestoppt wird, darf dann also nach drei Monaten automatisch gebaut werden.

Genehmigungsfiktion heißt selbstverständlich nicht: alles ist plötzlich erlaubt! Planer und Bauherren müssen sich natürlich an das Baurecht halten. Wenn ich mich ins Auto setze, überprüft auch kein Beamter vor Fahrtantritt, ob ich angeschnallt bin. Die Gurtpflicht gilt trotzdem. Die Architektinnen und Architekten kennen die rechtlichen Vorgaben. Sie sind Fachleute. Wir können erwarten, dass sie rechtskonforme Pläne machen.

Wir wollen mit der LBO-Reform weniger Bürokratie und damit mehr Freiheit. Aber mehr Freiheit heißt eben immer auch mehr Verantwortung. Wer diese Freiheit nicht will, dem geben wir die Wahl: Die Bauherren können selbst entscheiden, ob sie die Genehmigungsfiktion nutzen oder lieber doch auf den üblichen Baurechtsbescheid warten wollen. Damit erreichen wir maximale Beschleunigung und maximale Flexibilität.

Wir schaffen eine Regelung zur Typengenehmigung und ermöglichen dadurch das serielle Bauen in Baden-Württemberg. Und auch das bau- und denkmalrechtliche Widerspruchsverfahren wird abgeschafft. Bauherren sparen damit im Schnitt ein Jahr Zeit zwischen Bauantrag und Baubeginn – und Zeit ist Geld!

Um einen möglichen Anstieg bei den Klagen abzufedern, erhalten die Verwaltungsgerichte insgesamt acht zusätzliche Richterstellen. Damit werden die Baukammern personell entscheidend verstärkt.

Wir nehmen damit aber keine Rechte. Das ist mir wichtig, zu betonen. Der Rechtsschutz ist und bleibt garantiert. Wir schaffen so für alle Beteiligten schneller Rechtssicherheit.

Bauen im Bestand vereinfachen, Bürokratie abbauen

Der zweite Bereich der Reform zielt auf den Abbau baulicher Standards. Für Nutzungsänderungen, wie etwa von Gewerbe zu Wohnraum, ist kein Bauantrag mehr nötig.

Auch das Bauen im Bestand werden wir weiter vereinfachen und Bürokratie abbauen. Bei Aufstockungen oder beim Dachgeschossausbau wird es keine zusätzlichen Brandschutzanforderungen mehr geben. Wir ermöglichen damit Nachverdichtung und sparen Ressourcen, Zeit und Geld.

Die Landesbauordnung wird also zu einer echten „Umbau“-Ordnung. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Denn im Bestand spielt die Musik!

Wir flexibilisieren die Regeln bei der Kinderspielplatzpflicht: Statt selbst ein Spielgerät zu bauen, können Bauherren eine Ablöse zahlen und so mehr Fläche zur Bebauung verwenden. Die Kommunen können die Ablöse dann besser für den Ausbau ihrer vollwertigen Spielplätze verwenden. Davon profitieren alle. Der Friedhof der traurigen Federtiere ist Vergangenheit.

Wir erleichtern als erstes Bundesland ganz gezielt den Bau von Ladestationen für E-Autos. Das steht dem Automobil-Land Baden-Württemberg gut zu Gesicht. Außerdem erleichtern wir den Bau von Freiflächen-PV-Anlagen, damit die Energiewende gelingt.

Sie sehen: Unsere LBO-Reform wirkt breit. Sie hilft bei vielen Themen, die Dinge in Bewegung zu bringen!

Positive Resonanz

Die Anhörung zum Gesetzentwurf hat klar gezeigt: Wir sind damit genau auf dem richtigen Weg. 71 Verbände haben Stellung genommen.
 
Die Resonanz ist im Tenor durchweg positiv. Erst vor wenigen Tagen hat uns die Bauwirtschaft nochmals ausdrücklich für das gelobt, was wir bei Digitalisierung und Vereinfachung unternehmen. Vom Normenkontrollrat und auch vom Gemeindetag kam Beifall.

Wir werden mit dieser Reform nicht alle Probleme beim Bauen lösen. Aber wir werden damit Hürden abbauen, Wege freimachen und Bauen wieder attraktiver machen.

Wer in diesen Zeiten baut, den müssen wir unterstützen und nicht gängeln. Dafür trete ich ein!

Vorschriftendschungel lichten

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gab in der Vergangenheit viele LBO-Änderungen. Am Ende wurden aber immer noch mehr Vorschriften oben draufgesattelt.

Wir kehren das jetzt um.

Wir lichten den Vorschriftendschungel und bringen Tempo ins System. Wir geben Vertrauen und Verantwortung dorthin zurück, wo sie hingehören. Und wir zeigen damit: Entbürokratisierung und Beschleunigung – das ist auch in Deutschland 2025 möglich!

Es geht nicht nur um Paragraphen – es geht um die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltung, um bezahlbaren Wohnraum, um die Lebensqualität der Menschen in Baden-Württemberg.

Dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.

Herzlichen Dank!