Regelungen für Sonderbauten und barrierefreies Bauen
Bauliche Anlagen, die aus dem Rahmen der üblichen Bauvorhaben fallen, sind "Sonderbauten" (§ 38 Landesbauordnung LBO). Das sind beispielsweise
- Versammlungsstätten
- Krankenhäuser
- Verkaufsstätten über 400 qm
- Hochhäuser
An diese Anlagen kann die Baurechtsbehörde im Einzelfall besondere Anforderungen stellen und/oder Erleichterungen zulassen. Für bestimmte bauliche Anlagen wurden besondere Vorschriften in sogenannten Sonderbauverordnungen getroffen (Verkaufsstättenverordnung VkVO und Versammlungsstättenverordnung VStätt VO des Landes Baden-Württemberg).
Betrieb von Sonderbauten
Zum Betrieb dieser Sonderbauten sind in der Regel technische Anlagen und Einrichtungen erforderlich, die ständig funktionstüchtig sein müssen, um eine gefahrlose Nutzung der Gebäude sicherzustellen (zum Beispiel Feuerlöschanlagen, Lüftungsanlagen oder Alarmeinrichtungen). Deshalb müssen diese Einrichtungen regelmäßig von anerkannten Sachverständigen geprüft werden. Die von der obersten Baurechtsbehörde anerkannten Sachverständigen sind in einem Verzeichnis der anerkannten Sachverständigen aufgeführt.
Neue Industriebaurichtlinie (Fassung Juli 2014)
Die neue Industriebaurichtlinie für Baden-Württemberg wurde am 17. Dezember 2014 mit der Liste der Technischen Baubestimmungen (LTB) im Gemeinsamen Amtsblatt 2014 Heft Nr. 12 bekanntgemacht. Die neue Industriebaurichtlinie ist mit der Liste der Technischen Baubestimmungen seit dem 1. Januar 2015 verbindlich anzuwenden.
Die Landesbauordnung (LBO) umfasst weitreichende Regelungen zum barrierefreien Bauen. Diese Regelungen verfolgen das Ziel, die Lebensverhältnisse für Menschen mit Behinderungen nachhaltig zu verbessern und zur Integration in alle Lebensbereichen, insbesondere auch in die Arbeitswelt, beizutragen.
Neben den für Menschen mit Behinderungen und alte Menschen bestimmten baulichen Anlagen wie zum Beispiel Altenheimen und Wohnungen sind alle in § 39 Abs. 2 LBO genannten Gebäude barrierefrei zu gestalten.
Dazu zählen insbesondere:
- Verwaltungsgebäude
- Versammlungsstätten
- Verkaufsstätten
- Krankenhäuser
- Schulen
- Kindertageseinrichtungen und Kinderheime
- Bürogebäude
- Gaststätten
- Hotels und
- sonstige gewerblich genutzte Gebäude ab einer bestimmten Nutzfläche
Barrierefreie Gestaltung bedeutet, dass die Gebäude nicht nur barrierefrei zugänglich, sondern insgesamt barrierefrei nach DIN 18040 gestaltet sein müssen.
Im Bereich des allgemeinen Wohnungsbaus müssen in Wohngebäuden mit mehr als vier Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses und die im Gesetz aufgeführten wesentlichen Räume in diesen Wohnungen barrierefrei zugänglich sein.
Vor dem Bau: Verfahren der Landesbauordnung
Die Landesbauordnung unterscheidet Bauvorhaben abhängig von ihrer Art und Lage nach:
Verfahrensfreie Vorhaben müssen - wie alle anderen Vorhaben auch - so ausgeführt werden, dass sie den einschlägigen baurechtlichen und sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften entsprechen, ein baurechtliches Verfahren ist aber nicht erforderlich. Die verfahrensfreien Vorhaben ergeben sich aus § 50 Landesbauordnung (LBO).
Beispiele dafür sind:
- Gebäude ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten, wenn die Gebäude weder Verkaufs- noch Ausstellungszwecken dienen, im Innenbereich bis 40 Kubikmeter, im Außenbereich bis 20 Kubikmeter Brutto-Rauminhalt
- Vorbauten ohne Aufenthaltsräume im Innenbereich bis 40 Kubikmeter Brutto-Rauminhalt
- Öffnungen in Außenwänden und Dächern von Wohngebäuden und Wohnungen
- Stellplätze bis 50 Quadratmeter Nutzfläche je Grundstück im Innenbereich.
Für alle Bauvorhaben, die nicht verfahrensfrei sind und die in § 51 Landesbauordnung (LBO) aufgeführt sind, wird das Kenntnisgabeverfahren durchgeführt. Auf Wunsch des Bauherrn kann für diese Vorhaben auch das Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Ein Kenntnisgabeverfahren ist möglich bei der Errichtung von
- Wohngebäuden
- sonstigen Gebäuden bis 7 Meter Höhe (gerechnet bis zum Rohfußboden des obersten Geschosses in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist) - ausgenommen Gaststätten
- sonstigen baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind
- Nebengebäuden und Nebenanlagen zu den vorgenannten Bauvorhaben
Voraussetzung: Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes oder eines Vorhaben- und Erschließungsplans und die Gemeinde hat für das betreffende Gebiet keine Veränderungssperre erlassen.
Ablauf des Kenntnisgabeverfahrens
Kann das Kenntnisgabeverfahren durchgeführt werden, ist folgender Ablauf vorgesehen:
- Der Bauherr reicht die Bauvorlagen (unter anderem Lageplan, Bauzeichnungen, Darstellung der Grundstücksentwässerung) bei derjenigen Gemeinde ein, in der das Baugrundstück liegt. Hierfür sind die öffentlich bekannt gemachten Bauvordrucke (VwV LBO-Vordrucke) zu verwenden.
- Die Gemeinde prüft die Unterlagen auf Vollständigkeit. Sind die Unterlagen vollständig, bestätigt sie dies dem Bauherrn und leitet die Unterlagen, sofern sie nicht selbst Baurechtsbehörde ist, an die Baurechtsbehörde weiter (zum Beispiel Landratsamt, Verwaltungsgemeinschaft). Sind die Unterlagen unvollständig, unterrichtet sie den Bauherrn über diesen Mangel. Die Gemeinde benachrichtigt ferner die Angrenzer von dem Vorhaben, es sei denn, der Bauherr konnte bereits deren schriftliche Zustimmung vorlegen.
- Der Bauherr muss für sein Vorhaben bautechnische Nachweise - Standsicherheits-, Schallschutznachweise - aufstellen lassen. Für bestimmte Vorhaben (§ 18 Abs. 1 LBOVVO), z.B. Wohngebäude der Gebäudeklassen 1-3, kann die bautechnische Prüfung wegfallen, sofern der Aufsteller des Standsicherheitsnachweises bestimmte Qualifikationsanforderungen erfüllt. Bei anderen Gebäuden muss der Bauherr einen Prüfingenieur für Baustatik mit der bautechnischen Prüfung beauftragen. Die Prüfung muss vor Baubeginn, spätestens jedoch vor Ausführung der jeweiligen Bauabschnitte abgeschlossen sein.
- Grundriss und Höhenlage von Gebäuden muss der Bauherr auf dem Grundstück vor Baubeginn durch einen Sachverständigen festlegen lassen. Dies geschieht in der Regel durch ein Schnurgerüst.
- Der Bauherr muss dem Bezirksschornsteinfegermeister vor Baubeginn technische Angaben über die geplanten Feuerungsanlagen machen (vgl. Vordruck nach der VwV LBO-Vordrucke).
Baubeginn
Sind die Schritte des Kenntnisgabeverfahrens erledigt, kann der Bauherr bei Vorhaben, denen die Angrenzer schriftlich zugestimmt haben, nach zwei Wochen, ansonsten nach einem Monat mit dem Bau beginnen. Die Frist läuft ab Eingang der vollständigen Bauvorlagen bei der Gemeinde. Voraussetzung für den Baubeginn ist, dass dem Bauherrn bis zu diesem Zeitpunkt weder Gemeinde noch Baurechtsbehörde Hinderungsgründe gegenüber dem Bauvorhaben mitgeteilt haben.
Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren kann der Bauherr für alle Bauvorhaben wählen, für die auch das Kenntnisgabeverfahren möglich wäre, also für die Errichtung von
- Wohngebäuden
- sonstigen Gebäuden bis zu einer Höhe von 7 Metern (gerechnet bis zum Rohfußboden des obersten Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist) - ausgenommen Gaststätten
- sonstigen baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind
- Nebengebäuden und Nebenanlagen zu den vorgenannten Bauvorhaben.
Das vereinfachte Verfahren findet - wie das Kenntnisgabeverfahren auch - keine Anwendung auf Sonderbauten. Anders als das Kenntnisgabeverfahren hat das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren jedoch keinen räumlich beschränkten Anwendungsbereich; es gilt also sowohl in Innerortslagen als auch im Außenbereich.
Ablauf des vereinfachten Verfahrens
Im vereinfachten Verfahren erfolgt nur eine beschränkte Überprüfung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften. So prüft die Baurechtsbehörde nur die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit bauplanungsrechtlichen Vorschriften, mit Abstandsvorschriften und mit anderen fachrechtlichen Vorschriften bei Bauvorhaben im Außenbereich.
Im Innenbereich erfolgt grundsätzlich keine Prüfung. Für die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gilt eine kürzere Bearbeitungsfrist (1 Monat). Auch fällt eine niedrigere Gebühr an als bei einer normalen Baugenehmigung. Dafür ist aber die Feststellungswirkung der Baugenehmigung und damit die Rechtssicherheit im vereinfachten Verfahren eingeschränkt: Die Baurechtsbehörde bestätigt durch diese Baugenehmigung nur, dass das Vorhaben in den geprüften Punkten mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Im Übrigen ist die Bauherrin bzw. der Bauherr bzw. der Entwurfsverfasser selbst für die Rechtmäßigkeit des geplanten Vorhabens verantwortlich.
Für alle Bauvorhaben, die nicht verfahrensfrei sind und für die das Kenntnisgabeverfahren nicht angewendet wird, muss ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Bei Vorhaben, für die das Kenntnisgabeverfahren vorgesehen ist, kann auf Wunsch der Bauherrin bzw. des Bauherrn auch ein vereinfachtes oder ein normales Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden.
Ablauf des Baugenehmigungsverfahrens
Im Baugenehmigungsverfahren gilt folgender Ablauf:
- Bauherrin bzw. Bauherr reichen den Bauantrag mit den Bauvorlagen Lageplan, Bauzeichnungen, Baubeschreibung, Darstellung der Grundstücksentwässerung, bautechnische Nachweise oder Erklärung zum Standsicherheitsnachweis sowie der Bauleitererklärung bei derjenigen Gemeinde ein, in der das Baugrundstück liegt. Hierfür sind die öffentlich bekannt gemachten Bauvordrucke (VwV LBO-Vordrucke) zu verwenden.
- Die Gemeinde leitet diese Unterlagen, wenn sie nicht selbst Baurechtsbehörde ist, an die zuständige Baurechtsbehörde (zum Beispiel Landratsamt) weiter. Die Gemeinde benachrichtigt ferner die Nachbarn von dem Vorhaben, es sei denn, diese haben dem Vorhaben bereits schriftlich zugestimmt.
- Die Baurechtsbehörde prüft die Bauvorlagen innerhalb von zehn Arbeitstagen auf Vollständigkeit. Sind die Bauvorlagen unvollständig oder weisen sonstige schwere Mängel auf, teilt die Behörde dem Bauherrn mit, welche Ergänzungen notwendig sind. Sind die Bauvorlagen vollständig, bestätigt die Baurechtsbehörde der Bauherrin bzw. dem Bauherrn den Eingang der vollständigen Bauvorlagen und teilt ihm den voraussichtlichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Bauantrag mit.
Die Verfahrensdauer errechnet sich wie folgt: Beteiligung der Gemeinde/berührter Stellen: maximal zwei Monate (in Ausnahmefällen drei Monate), anschließende Bearbeitung und Entscheidung durch die Baurechtsbehörde innerhalb von zwei Monaten. - Die von der Gemeinde bereits am Anfang des Verfahrens benachrichtigten Nachbarn müssen eventuelle Einwendungen innerhalb von vier Wochen nach Zustellung schriftlich vorbringen. Äußern sie sich in dieser Zeit nicht, können sie zu einem späteren Zeitpunkt keine Einwände mehr erheben.
- Mit dem Bau kann begonnen werden, sobald der Baufreigabeschein - der sogenannte Rote Punkt - erteilt wurde.
- Eine Bauabnahme erfolgt nicht in jedem Falle, sondern nur dann, wenn die Behörde dies ausdrücklich angeordnet hat; Feuerungsanlagen dürfen aber erst nach Bescheinigung der Brandsicherheit und der sicheren Abführung der Verbrennungsgase durch den Bezirksschornsteinfegermeister in Betrieb genommen werden.